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Euro die Zeitbombe | © 2025 Flux Legite JS

Gelddruck ohne Boden – Ist der Euro längst eine Zeitbombe?

Das Schuldgeldsystem: Wachstum durch Schulden – alternativlos?

Unser gesamtes Geldsystem basiert auf einem fundamentalen Prinzip: Geld entsteht nicht einfach so, sondern durch Schulden. Das sogenannte „Schuldgeldsystem“ bedeutet, dass neues Geld nur dann in Umlauf kommt, wenn ein Kredit aufgenommen wird. Ob es sich um einen Baukredit, eine Staatsanleihe oder ein Unternehmenskredit handelt – jedes Mal wird durch einen Buchungssatz Geld erzeugt, das zuvor nicht existierte. Das bedeutet: Die Gesamtgeldmenge steigt nur, wenn auch die Verschuldung steigt. Zentralbanken wie die EZB haben dieses System perfektioniert und gleichzeitig politisch entkoppelt – mit einer scheinbaren Unabhängigkeit, die letztlich doch immer auf Krisenreaktion und Zinspolitik reduziert ist.

Laut der Deutschen Bundesbank belief sich die gesamte Staatsschuld Deutschlands zum Jahresende 2023 auf rund 2,37 Billionen Euro. Der europäische Schuldenstand (Eurozone) lag laut Eurostat bei über 12 Billionen Euro. Dieser Anstieg ist kein einmaliger Ausschlag, sondern folgt einem klaren Trend: In der Logik des Schuldgeldsystems ist permanentes Schuldenwachstum notwendig, um Wirtschaftswachstum zu ermöglichen – weil die Zinslast der alten Schulden sonst zu einer Deflation führen würde. Das System verlangt nach ständiger Expansion, vergleichbar mit einem Schneeballsystem: Ohne Wachstum bricht das Vertrauen, ohne Vertrauen der Wert, ohne Wert das System. Der französische Ökonom Thomas Piketty bringt es auf den Punkt: „Kapital, das keine Rendite bringt, ist kein Kapital – es ist eine Last.“ Und diese Last wird im Geldsystem durch die Erwartung künftiger Rückzahlung überdeckt.

Der Euro und der Dollar: Gekoppelt in einer Spirale?

Oft wird gesagt, der Euro sei „an den Dollar gekoppelt“. Formal stimmt das nicht – der Euro hat keinen festen Wechselkurs zum Dollar wie etwa früher Bretton-Woods-Währungen. Aber faktisch besteht eine enge Bindung, weil der US-Dollar Leitwährung ist und internationale Rohstoffe (allen voran Öl) in Dollar gehandelt werden. Das heißt: Europa muss für Importe Dollar nachfragen, was wiederum Druck auf den Wechselkurs ausübt. Die Europäische Zentralbank (EZB) orientiert sich zudem an den Entscheidungen der US-Notenbank Fed – etwa bei Zinserhöhungen – um Kapitalflucht zu verhindern. Die Kopplung ist also keine juristische, sondern eine funktionale.

Der Euro kann sich also nicht komplett entkoppeln. Als die Fed zwischen 2022 und 2024 ihre Leitzinsen drastisch anhob (von 0,25 % auf über 5 %), musste auch die EZB folgen – trotz Schuldenlasten, die diese Zinserhöhungen gefährlich machen. Die Zinsausgaben Deutschlands sind laut Bundesfinanzministerium zwischen 2021 und 2023 von 4 auf über 37 Milliarden Euro pro Jahr gestiegen. Das zeigt: Schulden im Schuldgeldsystem sind kein Problem – solange die Zinsen niedrig bleiben. Sobald sich das ändert, wird aus dem Segen ein Bumerang. Die Kopplung an den Dollar wird dabei zum Brandbeschleuniger – denn europäische Schulden, gepaart mit importierter Inflation und globalen Zinsbewegungen, machen die Geldpolitik zunehmend zur Risikooperation.

Crash durch Verschuldung – oder Systemerhalt durch Wachstum?

Kritiker sagen: Diese Summen sind ein Wahnsinn – und der Crash nur eine Frage der Zeit. Doch Ökonomen wie Keynes oder Modern Monetary Theory-Vertreter argumentieren das Gegenteil: Staatsschulden seien nicht das Problem, solange sie in eigener Währung aufgenommen und durch eine aktive Notenbank begleitet würden. Tatsächlich gibt es historisch keine feste Obergrenze, ab der ein Staat „platzt“. Japan ist seit Jahren mit einer Schuldenquote von über 250 % des BIP stabil. Die USA liegen über 130 %. Deutschland hat mit rund 65 % im EU-Vergleich sogar moderate Schulden – aber der Trend ist eindeutig: Schulden wachsen, weil das System sie braucht. Der IWF veröffentlichte 2023 Daten, nach denen die weltweiten Schulden mit 307 Billionen US-Dollar einen historischen Höchststand erreicht haben.

Ein Schuldgeldsystem ist strukturell auf exponentielles Wachstum angewiesen. Ohne dieses Wachstum gerät die Zinslast außer Kontrolle. Deshalb sind hohe Schulden – so paradox es klingt – notwendig, um das System zu stabilisieren. Nur durch neue Schulden kann die alte Verschuldung tragfähig gehalten werden. Der Versuch, durch Sparpolitik „aus den Schulden herauszuwachsen“, hat in Südeuropa zur Rezession geführt – nicht zur Sanierung. Auch Deutschland musste nach 2020 mehrfach auf Ausnahmen von der Schuldenbremse zurückgreifen – nicht, weil es politisch bequem war, sondern weil das System es faktisch erzwungen hat.

Fazit: Systemzwang statt Souveränität?

Die Frage, ob der Euro „crasht“, ist eigentlich die falsche. Viel wahrscheinlicher ist, dass der Euro dauerhaft unter Spannung stehen wird – gezwungen, Schulden zu machen, um die Illusion der Stabilität zu erhalten. Denn ein Schuldgeldsystem ohne steigende Verschuldung funktioniert nicht – genauso wenig wie ein Feuer ohne Brennstoff. Die Frage ist also nicht, ob 2 Billionen Euro zu viel sind. Sondern: Ob wir überhaupt einen stabilen Euro ohne solche Summen aufrechterhalten könnten. Die Antwort, so unpopulär sie klingen mag, lautet: Nein. In diesem System sind Schulden keine Gefahr – sie sind der Sauerstoff. Ohne sie stirbt das System, mit ihnen bleibt es abhängig. Wie lange das gut geht, ist offen.

Der Ökonom Hyman Minsky warnte einst: „Stabilität ist instabil.“ Je länger ein scheinbar stabiles Schuldensystem läuft, desto größer der Knall, wenn das Vertrauen kippt. Es ist also keine Frage, ob das System funktioniert – sondern, wie lange noch. Und ob Politik, EZB und Bevölkerung bereit sind, die bittere Wahrheit zu erkennen: Wir leben auf Pump – und der Preis dafür ist mehr als nur Zinsen.

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